Die jüngste Forschung hat unser Bild vom Aufstieg der Menschenrechte zum Signalbegriff politischer Kommunikation im 20. Jahrhundert grundlegend verändert, sodass der herkömmliche Kanon von Dokumenten, die für diese Entwicklung als relevant erachtet werden, unzureichend erscheint. Das Projekt will deshalb ein neues Angebot machen, welche Texte für das Verständnis der Geschichte der Menschenrechte von Bedeutung sind.
Kanonisierte Dokumente, die eine nachhaltige Wirkung hatten, von einer Vielzahl von Akteuren rezipiert wurden und deshalb mit gutem Grund in jeder Quellenedition zum Thema auftauchen, finden sich auch in dieser Sammlung. Allerdings wird der Versuch unternommen, mithilfe von Kommentaren einen neuen Blick auf sie zu gewinnen, der sich an neueren Ansätzen orientiert – beispielsweise am Ansatz der postkolonialen Studien oder der Globalgeschichte. Daneben stellt das Projekt Texte, die exemplarisch für eine bestimmte Art und Weise sind, wie die Sprache der Menschenrechte verwendet wurde. Auswahlkriterium ist dabei nicht allein die Wirkungsmächtigkeit einer Quelle – manche der hier vorgestellten Schlüsseltexte stehen vielmehr für eine Tradition, die aus dem einen oder anderen Grund abbrach oder die sich auch gegen die Idee und Praxis der Menschenrechte stellte. Es geht vor allem darum, mit der Auswahl der Dokumente das ganze für das Thema relevante Spektrum an Akteuren, Diskursen und Instrumentalisierungszusammenhängen exemplarisch abzubilden.
Jede hier vorgestellte Quelle wird einleitend in einer Kurzbeschreibung charakterisiert. Der anschließende Kommentar kontextualisiert das Dokument und erläutert seine Entstehungsgeschichte; er geht der Frage der Rezeption nach und fasst – soweit vorhanden – den Forschungsstand zusammen. Die Quelle selbst ist mit einem Anmerkungsapparat versehen, der Erläuterungen zu einzelnen Begriffen, Daten oder Namen enthält. Texte, die nicht amtlich autorisiert in Englisch oder Deutsch vorliegen, werden übersetzt.
Die Historisierung der Menschenrechte befindet sich im Fluss. Deshalb strebt das Projekt auch keine in sich geschlossene Textsammlung an, sondern will vielmehr die Möglichkeit der Online-Publikation nutzen, um den Quellenkorpus kontinuierlich zu erweitern und dabei neue Forschungsergebnisse zu berücksichtigen. Für die Auswahl der Texte und die begleitenden Kommentare zeichnen die Mitglieder des Arbeitskreises Menschenrechte im 20. Jahrhundert verantwortlich.