Quellenzur Geschichte derMenschenrechte

Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Frauen, Frieden und Sicherheit (2000)

von Rita Schäfer

Die Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit, die der UN-Sicherheitsrat am 31.10.2010 einstimmig verabschiedet hat, gilt als Meilenstein zur Ächtung sexueller Kriegsgewalt gegen Frauen und Mädchen. Sie definiert Rechte, die sich sowohl auf Friedenszeiten als auch auf Kriegskontexte und Nachkriegsgesellschaften beziehen. Die Resolution verlangt von den Vereinten Nationen, den Regierungen und von nichtstaatlichen Kriegsparteien umfassende Maßnahmen zur Gewaltprävention und Strafverfolgung der Täter. Darüber hinaus bildet die UN-Resolution 1325 einen Rahmen für die Berücksichtigung einer Geschlechterperspektive in Friedensprozessen. Hierzu zählen die verbesserte Partizipation von Frauen an Friedensverhandlungen, die Integration von Frauenbelangen in das Mandat von UN-Friedensmissionen inklusive der stärkeren personellen Beteiligung von Frauen in militärischen und zivilen Kontingenten. Diese institutionalisierte, inhaltlich-konzeptionelle und personelle Ausrichtung auf Geschlechtergerechtigkeit – offiziell als Gender-Mainstreaming bezeichnet – soll in allen Friedensprozessen umgesetzt werden und gilt laut UN-Vorgaben als Beitrag zur Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit, die unter Bezug auf die Menschenrechte definiert wird. Das Gender-Mainstreaming soll auch in folgenden friedensstiftenden Aufgabenbereichen systematisch zum Tragen kommen: in der Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration, der Planung von Flüchtlingslagern und der Reform des staatlichen Sicherheitssektors bestehend aus Polizei, Justiz und Militär.

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Wirkungsgeschichte
Kommentierte Literaturliste
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Rita Schäfer ist freiberufliche Wissenschaftlerin, Gutachterin und Autorin

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Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Frauen

Entstehungsgeschichte

Die UN-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit, die am 31. Oktober 2000 einstimmig vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet wurde, nimmt auf internationale Abkommen und Rechtsnormen Bezug. Dazu zählt die 1979 von den Vereinten Nationen verabschiedete Konvention zur Überwindung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, die sogenannte CEDAW-Konvention, die rechtlich bindend ist, sobald Regierungen sie unterschrieben und ratifiziert haben. Diese Konvention wurde insbesondere auf Druck von Frauenorganisationen aus Afrika, Lateinamerika und Asien verabschiedet – viele kamen aus Postkonfliktländern und hatten sich in anti-kolonialen Kämpfen formiert. Sie nutzten die Chancen zu Veränderungen während der Weltfrauendekade 1975-1985. Im Vorfeld hatte sich die internationale Kommission zum Status von Frauen (CSW), die 1946 im UN-System eingerichtet wurde, für die Durchführung der Frauendekade eingesetzt.[1]

Gleichzeitig reklamierten sozialistische Frauenverbände sowie internationale Frauenorganisationen, die während des Kalten Krieges von der Sowjetunion unterstützt wurden, wichtige Inhalte der CEDAW-Konvention seien ihr Verdienst. Schließlich hatte die DDR 1975 in Ost-Berlin einen Weltfrauenkongress ausgerichtet, an dem sozialistische Länder wie die DDR die Gleichheit von Männern und Frauen in Wirtschaft und Gesellschaft als Ergebnis des Sozialismus propagierten. Zudem nutzten sie in diesem Rahmen ihren Einsatz für Frauenrechte zur eigenen Legitimation auf internationaler Ebene. Während die Regierung der DDR direkte Verbindungen zwischen der Überwindung internationaler ökonomischer Ungleichheiten und dem Weltfrieden herstellte, bemängelten informelle Frauengruppen in osteuropäischen Ländern Sexismus und patriarchale Strukturen. Amnesty International machte erstmals auf geschlechtsspezifische Misshandlungen von Frauen als politischen Gefangenen in Ost und West aufmerksam. Das internationale Engagement für Frauenrechte führte auf nationaler Ebene wegen der machtpolitischen Rahmenbedingungen während des Kalten Krieges zu gegenläufigen Dynamiken, die jedoch dem mittel- und langfristigen Bedeutungsgewinn internationaler Frauenrechte als Bezugspunkt nur bedingt entgegenstanden.[2]

Die Heterogenität des Meinungsspektrums zivilgesellschaftlicher Frauenorganisationen zeigte sich auf der ersten Weltfrauenkonferenz in Mexiko, als einige Vertreterinnen von Frauenorganisationen aus Lateinamerika und afrikanischen Ländern Feministinnen aus den USA und Westeuropa eine zu starke Fokussierung auf reproduktive Rechte, konkret auf Schwangerschaftsabbrüche, vorwarfen. Aus unterschiedlichen Standpunkten heraus plädierten sie für eine stärkere Ausrichtung auf Entwicklung und Frieden. So prangerten lateinamerikanische Aktivistinnen das Verschwindenlassen von Menschen unter den Militärjuntas und sozio-ökonomische Ungleichheiten etwa im Landbesitz und Einkommen an, während Afrikanerinnen vor allem das Ende kriegerischer Konflikte auf ihrem Kontinent verlangten. Dieses bereit gefasste und heterogene Interessenspektrum spiegelt sich in der Präambel der CEDAW-Konvention, die unterschiedliche Lesarten zur Rolle von Frauen in Familie, Gesellschaft und Politik zulässt.[3]

Die Verabschiedung der CEDAW-Konvention galt als Willensbekundung der internationalen Staatengemeinschaft, das Motto der UN-Frauendekade zu »Gleichheit, Entwicklung und Frieden« in zumindest einer verbindlichen völkerrechtlichen Vereinbarung zu verankern. Auch die Abschlusserklärung der internationalen Frauenkonferenz zum offiziellen Ende der Weltfrauendekade in Nairobi 1985 und die Abschlusserklärung der internationalen Frauenkonferenz 1995 in Peking gelten als Vorläufer der UN-Resolution 1325 auf internationaler normativer Ebene. Insbesondere der in Peking verfasste Aktionsplan mit den zwölf »Critical Areas of Concern« enthält Hinweise auf die Problemsituation von Frauen und Mädchen in Kriegen.[4] 

Zentraler menschenrechtlicher Bezugspunkt der UN-Resolution 1325 war die UN-Menschenrechtskonferenz 1993 in Wien, die Frauenrechte als Menschenrechte anerkannte, worauf die UN-Deklaration zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen 1994 Bezug nahm. Auch die 1994 eingesetzte Sonderberichterstatterin des UN-Generalsekretärs über Gewalt gegen Frauen dokumentierte in ihren Studien wiederholt die geschlechtsspezifische Gewalt in Nachkriegsländern. Hinzu kam die auf die Peking Konferenz aufbauende Vereinbarung des UN-Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSCOG) zum Gender-Mainstreaming von 1997 sowie die Windhoek Erklärung und der Aktionsplan von Namibia zum Gender-Mainstreaming in multidimensionalen UN-Friedensmissionen vom Mai 2000.[5] Weitere Schritte auf der Ebene der Vereinten Nationen waren die Ergebnisse der Sondersitzung der UN-Generalversammlung zu Frauen 2000: Gleichstellung, Entwicklung und Frieden für das 21. Jahrhundert: Peking+5.

Die wiederholte Auseinandersetzung der Vereinten Nationen mit schweren geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen an Frauen in Kriegen und Nachkriegssituationen und die Verabschiedung der UN-Resolution 1325 resultierten auch aus einem, angesichts der Massenvergewaltigungen während der Kriege in Ex-Jugoslawien und im Genozid in Ruanda in den neunziger Jahren gestiegenen Problemverständnis innerhalb der UN,[6] die angesichts des weltweit sichtbaren Versagens ihrer Blauhelmsoldaten vor Ort und der Nutzung von sexualisierter Gewalt als Kriegstaktik unter Veränderungsdruck stand. Die global verbreiteten Medienberichte mit Zeuginnenaussagen machten es offensichtlich, dass die bis dato verabschiedeten Menschenrechtsgrundlagen nicht reichten, um die sexualisierte Gewalt zu unterbinden und zu sanktionieren. Es ging also nicht um ein neues ideengeschichtliches Narrativ zu Frauenrechten, sondern um das internationale Ansehen der UN und die drängende Lösung internationaler friedens- und sicherheitspolitischer Herausforderungen – konkret um die Vermeidung und Ächtung systematischer sexualisierter Kriegsgewalt, wobei die UN-Friedens- und Sicherheitspolitik Gender-Dimensionen während des Kalten Kriegs ignoriert hatte. Auch das internationale Interesse an der Aufarbeitung systematischer Vergewaltigungen so genannter »Trost Frauen« (Sex-Sklavinnen in der japanische Armee im 2. Weltkrieg) begann erst Jahrzehnte später mit einem von asiatischen Frauenorganisationen initiierten Kriegsverbrechertribunal im Dezember 2000 in Tokio.

Die UN-Resolution 1325 verlangt, dass das internationale Recht auch für Frauen und Mädchen gilt, insbesondere deren Schutz vor sexueller Kriegsgewalt und die Strafverfolgung von Tätern. Mit dieser Ausrichtung erweitert sie die bis dato bestehenden völkerrechtlichen Grundlagen für den Schutz von Zivilisten in Kriegen, wie die Genfer Abkommen von 1949 und deren Zusatzprotokolle von 1977, die Flüchtlingskonvention von 1951 und das dazugehörige Protokoll von 1967, die Kinderrechtskonvention von 1989 und die diesbezüglichen Fakultativprotokolle aus dem Jahr 2000 sowie das Römische Statut zur Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshof von 1998.

Gleichzeitig war die Verabschiedung der UN-Resolution 1325 das Ergebnis der beharrlichen internationalen politischen Lobby- und Advocacy-Arbeit von Friedens- und Frauenrechtsaktivistinnen, die den richtigen Zeitpunkt für konzertierte Aktionen erkannten. Dazu zählten gemeinsame Textentwürfe unter Bezugnahme auf die Kriegsgewalt, womit die Dringlichkeit von Veränderungen unterstrichen wurde. Hier ist neben dem Engagement von Basisorganisationen aus Nachkriegsländern insbesondere die im März 2000 gegründete NGO Working Group on Women, Peace and Security zu nennen, der damals Amnesty International, International Alert, Women’s Commission for Refugee Women and Children, Women’s International League for Peace and Freedom und Hague Appeal for Peace angehörten.[7] 

In kaum einem anderen Bereich der Verabschiedung internationaler Abkommen war die Einflussnahme von Nichtregierungsorganisationen auf die UN so ausgeprägt und kontinuierlich wie im Kontext der Frauenrechte. Hier beeinträchtigten nicht machtpolitische Interessenkonflikte etwa zwischen Regierungen und internationalen Unternehmen, die beispielsweise arbeitsrechtliche Forderungen zivilgesellschaftlicher Gruppen ausbremsten, die Durchsetzung der menschenrechtlichen Anliegen. Auch der Ost-Westkonflikt verhinderte nicht die Verabschiedung internationaler Frauenrechte, obwohl Vertreterinnen aus den jeweiligen Ländern diese Rechte ideologisch unterschiedlich interpretierten und nutzten. Punktuell schmiedeten Frauenrechts- und Friedensaktivistinnen sogar trotz ihrer Herkunft aus Ländern und Gesellschaften mit verschiedenartigen Rechtstraditionen, Gesetzesgrundlagen und Menschenrechtserfahrungen strategische Allianzen, um möglichst effektiv ihre Ziele zu erreichen. Bereits während der UN-Frauendekade und der Weltfrauenkonferenz in Peking hatten zahlreiche, fachlich gut vorbereitete Frauenorganisationen gemeinsame Lobbyarbeit geleistet, indem sie im Detail bestimmte Formulierungen der Abschusserklärungen verlangten, die – unter Bezug auf internationale Menschenrechtsgrundlagen – Frauenrechte stärken sollten.

Eine formelle Basis dafür bildeten Vereinbarungen des UN-Wirtschafts- und Sozialrats aus den Jahren 1968 und 1996 für Konsultationen und Kooperation zwischen NGOs und dem UN-System. Hierauf bauten die Beratungen zwischen der NGO Working Group on Women, Peace and Security mit Vertretern des UN-Sicherheitsrats Mitte 2000 auf. Sie lösten einen Frauenausschuss der UN Commission on the Status of Women (CSW) ab, der seit 1998 mit dem UN-Sicherheitsrat erörtert hatte, wie die friedenspolitischen Inhalte der Aktionsplattform von Peking umzusetzen seien.[8] Die NGO Working Group on Women, Peace and Security erhielt finanzielle Unterstützung von UNIFEM, dem UN Fund für Frauen, der auch jahrelang gezielt nicht-staatliche Frauenrechtsorganisationen in zahlreichen Nachkriegsländern förderte und somit deren politische Lobbyarbeit für Rechtsreformen ermöglichte.[9]

Inhalt

Die UN-Resolution 1325 ist in achtzehn Paragraphen aufgeteilt, die verschiedene Themen behandeln. Die Paragraphen eins bis vier formulieren Vorgaben für die Partizipation und Repräsentation von Frauen in allen friedenspolitischen Entscheidungsprozessen und Friedensmissionen, während die Paragraphen sechs und sieben gender-sensibles Training und Trainingsmaterial behandeln. Die Paragraphen acht bis zwölf setzen sich mit Frauenrechten als Menschenrechten auseinander und verlangen Gerechtigkeit für misshandelte Frauen sowie die Strafverfolgung sexueller Kriegsgewalt als schwere Menschenrechtsverletzungen. Die Paragraphen dreizehn bis neunzehn benennen Forderungen an die UN-Friedensmissionen und an UN-Programme in Nachkriegssituationen, konkret zur humanitären Hilfe, Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration. Ausdrücklich wird hier die Konsultation lokaler und internationaler Frauenorganisationen empfohlen. Die UN soll Frauen verstärkt in allen friedenspolitischen Entscheidungsebenen und als ziviles sowie militärisches Personal in Friedensmissionen einstellen und Gender-Perspektiven in alle Maßnahmen integrieren. Über die Umsetzung des Gender-Mainstreaming soll der UN-Generalsekretär Berichte schreiben lassen und allen UN-Mitgliedstaaten vorlegen.

Der starke Fokus auf die UN und ihre Unterorganisationen resultiert aus ihrer zentralen Bedeutung und ihrem eigenen Interesse an der Verabschiedung dieser Resolution. Auch Frauenrechtsorganisationen haben den Resolutionsinhalten ihren Stempel aufgedrückt, zum einen durch die Formulierungen, die Frauen als Opfer und als Friedensaktivistinnen präsentieren, und zum anderen durch die Erwartungen an den Reformwillen der UN. Sowohl die Aktivistinnen als auch die UN-Verantwortlichen haben es aus taktischen Gründen von Anfang an vermieden, im Resolutionstext strittige Punkte zu benennen, die eine rasche Verabschiedung verzögert hätten. Dazu zählen selektive und vereinfachende Grundannahmen wie die vorherrschende Darstellung von Frauen als Opfer und die mangelnde Auseinandersetzung mit Frauen als Täterinnen sowie die unzureichende Einordnung von Geschlechterhierarchien in wirtschaftliche Ausbeutung und staatlich institutionalisierte Gewaltverhältnisse, die in vielen Ländern vor Beginn eines Krieges vorherrschten und Nachkriegsordnungen prägen. So bleiben die Formulierungen zu den politischen und sozio-ökonomischen Gewaltgründen vage und Frauen erscheinen als homogene Gruppe, die angesichts gemeinsamer Gewalterfahrungen Friedensprozesse universell beschleunigt.

Wirkungsgeschichte

Die UN-Resolution 1325 bezieht sich nicht nur auf Friedensmissionen der Vereinten Nationen sondern auch auf die UN-Mitgliedstaaten. Der Resolutionstext fordert dazu auf, dass sie nationale Aktionspläne auflegen, die als Grundlage für die Implementierung der UN-Resolution 1325 dienen sollen. In einigen Ländern ging der Impuls zur Verabschiedung eines nationalen Aktionsplans keineswegs von der jeweiligen Regierung, sondern von Frauenrechts- und Friedensorganisationen aus, die auf diese Weise die Rechenschaftspflicht ihrer Regierungen einforderten. So erarbeiteten das Bündnis 1325 und der so genannte deutsche Frauensicherheitsrat – Zusammenschlüsse von Nichtregierungsorganisationen und Gender-Forscherinnen – in der Bundesrepublik einen »Blueprint« für einen nationalen Aktionsplan. Dieser orientierte sich an UN-Vorgaben, an Vereinbarungen der Europäischen Union – etwa den Resolutionen des Europäischen Parlaments aus den Jahren 2000 und 2006 zur Beteiligung von Frauen an friedlichen Konfliktlösungen (2000/2225 (INI) 2000) sowie zur Rolle von Frauen in bewaffneten Konflikten und im Wiederaufbau (2005/2215 (INI) 2006) – und an Abkommen des Rats der Europäischen Union zu Frauen in der Konfliktprävention und -lösung – und an nationalen Aktionsplänen anderer europäischer Länder. Hierauf basierte ihre politische Lobbyarbeit gegenüber dem Auswärtigen Amt. Der nationale Aktionsplan der Bundesregierung, der am 19.12.2012 – kurz vor dem Ende der temporären deutschen Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat – verabschiedet wurde, enthält zentrale Elemente des »Blueprint«.[10]

Die Resolution 1325 bietet Frauenorganisationen in Nachkriegsländern eine internationale Rechtsgrundlage, um nationale Gesetzesreformen, Gewaltschutz, die Bestrafung von Kriegsverbrechern, Geschlechtergerechtigkeit und verstärkte politische Partizipation als Beitrag zur nachhaltigen Friedenssicherung von ihren Regierungen einzufordern und damit deren Rechenschaftspflicht anzumahnen. Hierfür sind Austausch und Vernetzungen zwischen verschiedenen Organisationen auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene wichtig. Die NGO Working Group on Women, Peace and Security, der unabhängige Frauen-, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen angehören, dokumentiert aus Sicht von Nichtregierungsorganisationen Erfolge und Defizite bei der Umsetzung der Resolution.

Währenddessen informiert der UN-Generalsekretär in seinen jährlichen Berichten über die Umsetzung der UN-Resolution 1325 auf UN-Ebene, darin kommen die Schwierigkeiten zum Ausdruck, die Ziele der Resolution im männlich dominierten UN-System zu verankern. So verabschiedete der UN-Sicherheitsrat zahlreiche Resolutionen, in denen Frauenrechte, der Gewaltschutz und die Strafverfolgung von sexueller Kriegsgewalt nicht vorkamen. Die Bagatellisierung dieser Gewaltform durch etliche politische Entscheidungsträger dauert an, auch die Mandate für UN-Friedensmissionen, die Personalauswahl des zivilen und militärischen Personals sowie deren Gender-Trainings wurden in den Berichten teilweise kritisiert, zumal Blauhelmsoldaten und Mitglieder der zivilen Kontingente ungeachtet der vom früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan ab 2004 erlassenen Nulltoleranzvorschriften zu sexuellem Fehlverhalten bei etlichen Einsätzen Mädchen und Frauen missbrauchten. Hierzu zählten beispielsweise die vom Hilfswerk Safe the Children in Sierra Leone dokumentierten Fälle und die von kongolesischen Frauenorganisationen angeprangerten Übergriffe. Zudem war die Wirkung des 2005 erstellten systemweiten Aktionsplans für die Koordination der Aktivitäten zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 innerhalb des UN-Systems begrenzt; er wurde 2010 von einem Strategierahmen zu Frauen, Frieden und Sicherheit 2011-2020 abgelöst. Dieser bildet aktuell die Grundlage für die UN-interne Koordination, das Monitoring und die Evaluierung der Implementierung der UN-Resolution 1325. Er enthält klare quantitative Vorgaben zur Gewaltprävention, zum Gewaltschutz, zur Unterstützung von Frauen und Mädchen in Nachkriegsländern sowie zur Partizipation von Frauen in friedens- und sicherheitspolitischen Entscheidungsprozessen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene.[11]

Um der Bedeutung der UN-Resolution 1325 mehr Nachdruck zu verleihen, verabschiedete der UN-Sicherheitsrat in den letzten Jahren auch weitere Resolutionen zu Frauen, Frieden und Sicherheit: Die Resolution 1820 am 19. Juni 2008, die Resolution 1888 am 30. September 2008, die Resolution 1889 am 5. Oktober 2009, die Resolution 1960 am 16.Dezember 2010, die Resolution 2106 am 24. Mai 2013 und die Resolution 2122 vom 18. Oktober 2013. Die UN-Resolution 1820 verurteilt sexuelle Gewalt als Kriegsverbrechen und Kriegstaktik und verlangt menschenrechtliche und sicherheitspolitische Gegenmaßnahmen. Darauf aufbauend bot die UN-Resolution 1888 die Grundlage für die Einsetzung der Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs zur Koordination der UN-Aktivitäten zu sexueller Kriegsgewalt. Demgegenüber fokussierte die UN-Resolution 1889 auf die stärkere Partizipation von Frauen an Friedensverhandlungen und forderte Indikatoren zur verbesserten Implementierung der UN-Resolution 1325. Die UN-Resolution 1960 unterstreicht die Verurteilung sexueller Kriegsgewalt und verurteilt das sexuelle Fehlverhalten von UN-Personal in Friedensmissionen. Das betont auch die UN-Resolution 2106, die zudem die Wichtigkeit der Sicherheitssektorreform hervorhebt und umfassende Hilfe für Gewaltopfer fordert, dabei weist sie auf die Kooperation mit nicht-staatlichen Frauenorganisationen und auf Maßnahmen zur Bewältigung der gesundheitlichen Folgen von HIV-Infektionen in Folge der Gewaltübergriffe hin. Die UN-Resolution 2122 unterstreicht die Notwendigkeit, alle Anstrengungen zur systematischen Integration von Frauen in Friedensprozesse zu verstärken und innerhalb der UN-Friedensmissionen auch besser zu dokumentieren.

Kommentierte Literaturliste

Christine Eifler, Ruth Seifert (Hg.): Gender Dynamics and Post-Conflict Reconstruction. Frankfurt a.M. 2009.
Während einige Frauenorganisationen und Forscherinnen in Nachkriegsländern, etwa im Kosovo, in Serbien, in Liberia und in Uganda sich auf die UN-Resolution 1325 berufen, um das sexuelle Fehlverhalten von Blauhelmsoldaten anzuprangern oder nationale Rechtsreformen, Gesetzesnovellen und grundlegende Reformen des staatlichen Sicherheitssektors einzufordern, bezweifeln andere den Nutzen der Resolution für Strukturreformen des Militärs und der Polizei oder Justiz. Dazu verweisen die Kritikerinnen aus den Reihen der Frauenorganisationen und der Wissenschaftlerinnen auf hohe Raten an sexueller Belästigung von weiblichem Personal in diesen Institutionen des Sicherheitssektors, und zwar auch in den Ländern, die einen nationalen Aktionsplan verabschiedet haben und in denen sich ranghohe Militärs öffentlich als frauenfreundliche Reformer präsentieren, wobei sie wegen männlichen Personalmangels Soldatinnen anwerben.

Cohn, Carol (Hg.): Women and Wars. London 2013.
Annica Kronsell, Erika Svedberg (Hg.): Making Gender, Making War. Violence, Military and Peacekeeping Practice. London 2012.

Neuere politikwissenschaftliche Studien kritisieren, dass die UN-Resolution 1325 nicht die martialische Männlichkeitsprägung im Militär in Frage stelle und die geschlechtsspezifische Hierarchie mit der damit einhergehenden nationalistischen Idealisierung von Männern als kampfbereiten Vaterlandsverteidigern in Armeen außer Acht lasse. Obwohl Frauen in die Streitkräfte aufgenommen würden und Kommandanten Gender-Trainings absolvieren müssten, blieb der strukturelle Sexismus im Militär mit seiner Verachtung weiblicher Eigenschaften unangetastet, was sowohl die Soldatinnen als auch homosexuelle Soldaten zu spüren bekämen. Diese Kritik äußern skandinavische Politologinnen, die beispielsweise das Selbstbild und den internationalen Ruf der schwedischen, norwegischen und finnischen Armee als Vorbild in der Umsetzung der UN-Resolution 1325 anzweifeln und die Fortsetzung martialischer Männlichkeitsmuster trotz Implementierung der UN-Resolution 1325 nachweisen.

Fionnuala Ní Aoláin, Diana Francesca Hayes, Naomi Cahn: On the Frontlines. Gender, War and the Post-Conflict Process. Oxford 2011.
Mit der Fortsetzung martialischer Männlichkeitsmuster erklären Gender-Forscherinnen auch das Fehlverhalten von Blauhelmsoldaten, die zum Teil Gender-Trainings absolviert hätten. Solche ein- oder zweitägigen Gender-Trainings könnten jedoch nicht die verinnerlichten Männlichkeitsmuster ändern, vor allem wenn sie nicht die Maskulinitäts- und Virilitätsprägung im Militär reflektieren würden. In vielen Entsendeländer, in denen das, von der internationalen Rüstungsindustrie ausgestattete Militär zum Machterhalt repressiver Regime beiträgt, bestimmen sexistische Gender-Normen und frauenfeindliche Gesetze die Geschlechterordnungen, deshalb müssen dort beheimatete Blauhelmsoldaten, die gegen die Nulltoleranzvorschriften der UN zu sexuellem Fehlverhalten verstoßen, auch nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen vor Militärgerichten in diesen Entsendeländern rechnen. Aus diesen Gründe böte die Erhöhung des Anteils von Frauen in UN-Friedensmissionen keine Garantie für die Reduzierung des sexuellen Missbrauchs.

Hinsichtlich der Umsetzung der UN-Resolution 1325 kritisieren keineswegs nur Juristinnen, dass die Umsetzung institutioneller Reformen und Rechtsreformen nur unzureichend erfasst würde. Das sei vor allem in Ländern wichtig, in denen traditionelle Rechtspraktiken im Alltag verbreitet sind, obwohl sie der Umsetzung von Frauen- und Menschenrechten etwa im Land- oder Erbrecht entgegenstehen. Viele Nachkriegsregierungen dulden die Wiedereinführung patriarchaler Geschlechterordnungen, wirtschaftlicher Ungleichheiten und frauenfeindlicher Interpretationen von Kultur, Tradition oder Religion, um die Unterstützung politisch einflussreicher Traditionalisten und lokaler oder religiöser Autoritäten zu erhalten. Solche machtpolitischen Dimensionen lassen die Vorgaben zum Wiederaufbau in der UN-Resolution 1325 und die nationalen Aktionspläne außer Acht. Darüber hinaus würde – so die Kritikerinnen – die Fokussierung des Resolutionstextes auf körperliche Gewalt an Frauen andere geschlechtsspezifische Gewalt- und Ausbeutungsformen sowie weitere schwere Menschenrechtsverletzungen ignorieren, die Männer gegen Frauen aber auch gegen andere – oftmals jüngere und rangniedrigere – Männer vor und nach Kriegen anwenden.

Karen Barnes: The evolution and implementation of UNSCR 1325: An overview, in: Funmi Olonisakin, Karen Barnes, Eka Ikpe (Hg.): Women, Peace and Security. Tanslating Policy into Practice. London 2011, S. 15-33.
Neben der Kritik an solchen operationalen Aspekten kritisieren Politikwissenschaftlerinnen auch die konzeptionelle Reduzierung der umfassenden UN-Gender-Definition auf Frauen als Opfer und teilweise als Aktivistinnen im Resolutionstext. Differenzen zwischen Frauen und zwischen Männern würden vernachlässigt. Zudem würde der Resolutionstext voraussetzen, dass Frauen, die an Friedensverhandlungen partizipieren, frauenpolitische Interessen vertreten. Jedoch nahmen daran bislang vor allem einzelne Repräsentantinnen von Kampfeinheiten teil, die von führenden Männern ausgewählt worden waren. Die Überwindung struktureller Geschlechterhierarchien und des Militarismus als Beitrag für eine nachhaltige Friedenssicherung und die Verwirklichung der Frauen- und Menschenrechte in transparenten Demokratien standen nicht auf ihrer Agenda.

Weitere Literatur

Biricik, Alp: The »Rotten Report« and the reproduction of masculinity, nation and security in Turkey, in: Annica Kronsell, Erika Svedberg (Hg.): Making Gender, Making War. Violence, Military and Peacekeeping Practice. London 2012, S. 76-89.

Donert, Celia: Wessen Utopie? Frauenrechte und Staatssozialismus im internationalen Jahr der Frau 1975, in: Jan Eckel, Samuel Moyn (Hg.): Moral für die Welt? Menschenrechtspolitik in den 1970er Jahren. Göttingen 2012, S. 376-393.

Gunda-Werner-Institut (Hg.): Hoffnungsträger 1325: Resolution für eine geschlechtergerechte Friedens- und Sicherheitspolitik in Europa. Königstein 2008.

Quatert, Jean: The Gendering of Human Rights in the International Systems of Law in the Twentieth Century. Essays on Global and Comparative History. Washington D.C. 2006.

Shepherd, Laura: Gender, Violence and Security. Discourse as Practice. London 2008.

Quellen

Alle hier aufgeführten Quellen wurden Anfang März 2014 aufgerufen.

Bericht des UN-Generalsekretärs zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit (Report of the Secretary-General on women, peace and security S/2012/732) vom 4.9.2013. www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_2013_525.pdf www.un.org/ga/search/view_doc.asp

CEDAW Konvention (Convention on the Elemination of all Forms of Discrimination agraint Women 34/180) vom 18.12.1979 www.ohchr.org/EN/ProfessionalInterest/Pages/CEDAW.aspx

ECOSOC Vereinbarung zum Gender-Mainstreaming im UN-System, 18.7.1997, URL: www.un.org/womenwatch/osagi/pdf/ECOSOCAC1997.2.PDF.

Erklärung zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen (Declaration on the Elemination of Violence against Women A/RES/48/104) vom 21.2.1994 daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N94/095/05/PDF/N9409505.pdf

Genfer Abkommen (Convention (IV) relative to the protection of civilian persons in time of war) vom 12.8.1949 www.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/Treaty.xsp

Kinderrechtskonvention (Convention on the Right of the Child, UN General Assembly Res. 44/25) vom 20.11.1989 treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx

Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (2013-2016) vom 19.12.2012 www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/633902/publicationFile/175250/121219_Aktionsplan_download.pdf

Resolution A/Res/52/231 der UN-Generalversammlung vom 17.6.1998 zum Follow-up der Weltfrauenkonferenz in Peking daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N98/762/61/PDF/N9876261.pdf

Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats zu Frauen, Frieden und Sicherheit (Resolution 1325 on Women, Peace and Security) vom 31.10.2000 http://www.un.org/depts/german/sr/sr_00/sr1325.pdf 

Resolution 1820 des UN-Sicherheitsrats (Resolution 1820 on Women Peace Security S/Res/1820 (2008)) vom 19.6.2008 daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N08/391/44/PDF/N0839144.pdf

Resolution 1888 des UN-Sicherheitsrats (Resolution 1888 on Women Peace Security S/Res/1888 (2009)) vom 30.9.2009 daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N09/534/46/PDF/N0953446.pdf

Resolution 1889 des UN-Sicherheitsrats (Resolution 1889 on Women Peace Security S/Res/1889 (2009)) vom 5.10.2009 daccess-ods.un.org/TMP/5168704.39052582.html

Resolution 1960 des UN-Sicherheitsrats (Resolution 1960 on Women Peace Security S/Res/1960 (2010)) vom 16.12.2010 daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N10/698/34/PDF/N1069834.pdf

Resolution 2106 des UN-Sicherheitsrats (Resolution 2106 on Women Peace Security S/Res/2106 (2013)) vom 24.5.2013 www.un.org/ga/search/view_doc.asp

Resolution 2122 des UN-Sicherheitsrats (Resolution 2122 on Women Peace Security S/Res/2122 (2013)) vom 18.10.2013 www.un.org/ga/search/view_doc.asp

Römisches Statut (Rome Statute of the International Criminal Court) vom 17.7.1998 www.icc-cpi.int/nr/rdonlyres/ea9aeff7-5752-4f84-be94-0a655eb30e16/0/rome_statute_english.pdf

Strategiekonzept 2011-2020 (UN Secretary-General: UN Strategic Results Framework on Women, Peace and Security), July 2011. www.un.org/womenwatch/ianwge/taskforces/wps/Strategic_Framework_2011-2020.pdf

Übersicht der Berichte des UN-Generalsekretärs zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit, 2002-2010 www.un.org/womenwatch/feature/wps/index.html

Übersicht der nationalen Aktionspläne zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 www.peacewomen.org/pages/about-1325/national-action-plans-naps

Vereinbarung des UN Economic and Social Council zum Gender-Mainstreaming im UN-System vom 18.7.1997 www.un.org/womenwatch/osagi/pdf/ECOSOCAC1997.2.PDF.

Windhoek Erklärung und Aktionsplan von Namibia zum Gender-Mainstreaming in UN-Friedensmissionen, 31.5.2000, URL: www.un.org/womenwatch/osagi/wps/windhoek_declaration.pdf.

Zitation

Rita Schäfer: Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Frauen, Frieden und Sicherheit (2000), in: Quellen zur Geschichte der Menschenrechte, herausgegeben vom Arbeitskreis Menschenrechte im 20. Jahrhundert, September 2016, URL: www.geschichte-menschenrechte.de/resolution-frauen-2000/

  1. Vgl. Quataert: Gendering, S. 30 ff.
  2. Vgl. Donert: Wessen Utopie, S. 369 ff.
  3. Vgl. ebd., S. 391.
  4. Vgl. General Assembly, Resolution A/Res52/100, 26.1.1998.
  5. ECOSOC Vereinbarung und Windhoek Erklärung.
  6. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Vergewaltigungsdefinitionen im Jugoslawien- und Ruanda-Tribunal sowie im Rom Statut und in den Genfer Abkommen bieten Ní Aoláin, Haynes, Cahn: Frontlines, S. 156 ff.
  7. Vgl. Shepherd: Gender, S. 139; Barnes: Evolution, S. 15 f.
  8. Vgl. Shepherd: Gender, S. 138.
  9. Vgl. Barnes: Evolution, S. 17.
  10. Vgl. Nationaler Aktionsplan.
  11. Vgl. Strategiekonzept.